Mittwoch, 13. Juni 2007

WE am Golf von Bengalen

Am Wochenende habe ich zum ersten Mal den Golf von Bengalen (mehr Infos) gesehen. Wir waren in einem fantastischen Beach-Resort (etwa 20 km suedlich von Madras) auf einer AISEC Konferenz, bei der sich die AISEC Mitarbeiter Madras zum debatieren, diskutieren und feiern getroffen haben. Der groesste Teil der Teilnehmer(innen) war zwischen 18 und 22. Mit 22 Jahren ist man hier aber schon ALUMNI, also mit Hochschulabschluss. Ich habe natuerlich ueber mein Abschlussalter geschwiegen. Hier hat sich die Bildungselite Madras versammelt, jedoch nicht nur zur Fortbildung, sondern auch um Grenzerfahrungen auf einem ganz anderen Gebiet machen. So nutzen viele Studenten dieses Wochenende, um zum ersten Mal Kontakt mit Bruder Alkohol aufzunehmen. Dank der doch sehr konservativen und religioes gepraegten Erziehung ist Alkohol in dem Alter so gut wie kein Thema. Anstatt sich aber langsam an das Thema heranzuwagen - so wie wir es kennen (hier ein Bier, dort mal vier) - gingen die AISEC Teilnehmer gleich aufs Ganze. Es wurde Whiskey getrunken. Aus der Flasche. Weitere prekaere Details will ich euch ersparen, denn jeder kann sich gut vorstellen, was die erste Flasche Whiskey im Blut von 18 Jaehrigen zierlichen Indern(innen) anrichten kann. Erst verschwindet die Muttersprache, dann die Farbe im Gesicht, dann der Koerperinhalt, .... Zurueck bleiben erbaermliche Kreaturen. Trotzdem wurde 2-3 Stunden spaeter wieder ueber die indische Kultur, ueber die Globalisierung und seine Folgen etc. debatiert. Hut ab.
Ich war im uebrigen lediglich passiver Teilnehmer. Bei den Diskussionen und Debatten ueber die indische Kultur habe ich mich tendenziell in den hinteren Reihen aufgehalten (wollte die Elite-Studenten nicht mit meinen klugen und ausgetueftelten Argumentationsketten ueberfordern :-)). B
eim Alkohol- und Feierpart habe auch ich dagegen kurzzeitig aktive Rollen uebernommen. In jedem Fall war es ein sehr entspanntes, angenehmes und ruhiges Wochenende. Angenehm auch deshalb, weil ich nach einer Woche Madras endlich wieder saubere Luft einatmen konnten. Saubere Luft ist in Madras naemlich ein knappes Gut. Insbesondere in der Rushhour (also von ca. 7 - 21 Uhr) ist es nahezu unmoeglich reine Luft einzuatmen. Ich wusste gar nicht, dass Russpartikel so konzentriert auftreten koennen. Man hat das Gefuehl, dass jeder Verkehrsteilnehmer mit aller Macht versucht, dieses Gut (die reine Luft) weiter zu verknappen. Es gibt hier keine Abgasordung. Wuerde man unsere Abgasordnung hier anwenden, waeren von heut auf morgen alle motorisierten Transportgefaesse von der Strasse. Der oeffentliche Verkehr wuerde am Boden liegen. Aber: die leute koennten wieder atmen. Der Gedanke, dass wir in Deutschland ueber Staedteverbote fuer "Umweltsuender" nachdenken, ist hier so skurril, dass es eigentlich verboten ist ihn zu denken. Jeder Einwohner Madras atmet am Tag soviele Staub- und Russpartikel ein wie 80 Mio. Deutsche zusammen in einem ganzen Jahr. Die Partikel setzen sich insbesondere in den Atemwegen u. Schleimhaeuten ab, so dass ich ein stetiges Kratzen im Hals verspuere. Und seit etwa drei Stunden verspuere ich ein ebenso stetiges Verlangen nach einem kalten Kingfisher Bier ...

Fuer alle, die sich mit der Lebenssituation der Aermsten Kreaturen in Madras auseinandersetzen wollen:
Link: Verzweiflung und ein schmerzhafter Ueberlebensweg

Und hier fuer alle heiratswilligen IT-Spezialisten. Soviel schon jetzt: Die Chancen stehen ausgezeichnet, sofern ihr nur indischer Abstammung seid.
Link: India's IT marriage boom

weitere Anmerkungen:
- Habe mir fest vorgenommen zweimal die Woche die neuesten Erlebnisse zu posten (hoffe mir gelingts)
- Meine Kamera ist abhanden gekommen, insofern bin ich im Moment leider nicht in der Lage die Posts mit Bildern zu illustrieren. Da ich aber weiss, dass Bilder oft mehr als tausend Worte sagen koennen, bin ich schon auf der Suche nach einer Nachfolgerin.